Die Havarie
Die MaschineDer FORD 2725E SP135 der BELUGA in ihrem "Körbchen". Sie brachte uns vom Marseille bis nach Glückstadt- In den Jahren 2019 und 2020 fuhren wir in der Nordsee und der Ostsse einiges an Stunden drauf ... zuverlässig und leise und sparsam.
|
||
Die HavarieAm 6.8.2020 verließ die BELUGA den Innenhafen von Glückstadt um mit der Flut den City Sportboothafen Hambug (CSH) gegen 21:00 zu erreichen. Das Tor öffnete gegen 15:30. Die BELUGA passierte dieses als erste und verließ unmittelbar den Hafen von Glückstadt. Die BELUGA erreichte mit eine FüG von ca. 5,5kn das Fahrwasser ELBE, kreuzte dieses und folgte dem Fahrwasser in Richtung Hamburg entlang der rechten Fahrwasserbegrenzung. Nach ca. 3 Stunden war Stade passiert und das vorausliegende Fahrwasser würde sich bei Lühesand verengen. Von achtern kam das Containerschiff die „CMA CGM Georg Forster“ auf. Ein Containerschiff mit 398mtr Länge und 55mtr Breite. Geplant war Lühnesand zu passieren um danach ausreichend Abstand zur Tiefwasserrinne herzustellen und die Georg Forster passieren zu lassen. Bevor die Enge des Hafens in HH erreicht werden sollte überprüfte ich daher nochmals die Technik.
Der Autopilot hatte zu diesem Zeitpunkt die Kontrolle über das Steuer und steuerte auf einen bereits früher genutzten Wegpunkt zu. Ich hielt mich auf dem Vorschiff auf und erklärte meinem Mitsegler den weiteren Verlauf des Fahrwasser bis Hamburg, als die BELUGA plötzlich „schlingerte“. Ich ging von besonders starken Verwirbelungen durch Stömung aus. |
||
Unmittelbar darauf veränderte sich der Ton der Maschine, an Deck waren leichte Vibrationen spürbar. Ich warf meinen Blick sofort auf den Auspuff, der noch immer Kühlwasser ausspuckte. Die Drehzahl der Maschine fiel ein wenig ab, erholte sich aber sofort wieder. PUNKT 1 Ich ging daher von möglichen Verunreinigungen im Diesel aus und begab mich zur Maschine. Die BELUGA ist mit einer SEPAR Doppelfilter Anlage ausgrüstet und kann im Falle von Filterproblemen im laufenden Betrieb umgeschaltet werden. Die Glasbehälter der Filter zeigten sauberen Diesel. Beide Dieseltanks wurden Mitte Juni 2020 auf Helgoland frisch gefüllt Die Filtereinstellung wurde daher belassen. Ich konnte an der Maschine auch keine Auffälligkeiten (Öl- oder Wasserdampf, Geruch,...) feststellen. Mit einer berührungslosen Messung der Temperaturen wurde am inneren Kühlkreislauf 86°C und am Auspuffausgang 52° gemessen. Wegen Unauffälligkeit verließ ich den Maschinenraum und ging ich daher zurück zum Aussensteuer. Die Drehzahl fiel erneut deutlich ab, deshalb kuppelte ich aus. Der Motor ging aus und ließ sich nicht mehr starten = der Anlasser drehte sich nicht mehr. „Klack, ohne brumm“. Bei diesem Anlassversuch konnte ein deutlicher Spannungsabfall (ähnlich einem Kurzschluß) beobachtet werden. Ich unterließ daher weitere Suche nach möglichen Ursachen und begab mich zum Aussensteuer, da das Containerschiff zwischenzeitlich sehr nahe kam und wir manövrierunfähig im Fahrwasser trieben. Nahe Punkt 2. Ich setzte einen PAN-PAN ab und meldete meine Manövrierunfähigkeit um eine Kollision mit dem zwischenzeitlich sehr nahe kommenden (400mtr) Containerschiff zu vermeiden. Zeitgleich setzen wir Segel und konnten uns gezielt (bei ca. 1 Bft) aus dem Fahrwasser bringen. Da die BELUGA (mit 22to Gewicht) keine guten Segeleigenschaften besitzt, halsten wir unter Genua mehrfach am Fahrwasserrand und begannen währenddessen das Groß zu setzen. Die Insel Lühesand kam dabei ebenfalls recht nahe. PUNKT 2 Nachdem das Containerschiff passierte segelten wir zum N-lichen Elbufer. Dort waren etwas bessere Winde erkennbar und mehr Raum für Manöver. PUNKT 3: Ein vorbeifahrendes RIB schleppte uns von dort zum Yachthafen Hamburg in Wedel in dem wir ohne weitere Schäden sicher anlegen und liegen konnten. Am Freitag, dem 7.8.2020 wurde von Firma Fink&Bliese (Timo Fink) festgestellt, dass die Maschine fest ist. Ein manuelles Drehen des Motors war auch mit großem Kraftaufwand nicht mehr möglich. Herz-OperationIn einer fünfeinhalbstündigen Aktion mit Gabelstapler, Traverse und viel Feingefühl für 600Kg Gewicht seitens des Werft Operators, erblickt unser Motor wieder das Tageslicht. Schweißtreibende Millimeterarbeit vom Ausfädeln aus dem Bauch über das vorsichte „Hindurch- oder Vorbeibewegen“ an Decksaufbauten, Luken und Niedergang, bis das Teil endlich über die Reling geschwenkt zum Boden manövriert wird. Wem jetzt 5 ½ Stunden viel vorkommen, dem sei gesagt, dass wir in Frankreich beim Einsetzen des Motors noch das zusätzliche kommunikative Problem mit deutsch- englisch und französischen Werkstattvokabular hatten, und volle drei Tage für die adäquate Aktion brauchten. Nun ist unser „Herzstück“ jedenfalls in Berkenthin bei Fink & Bliese in der Werkstatt. Beeindruckend, wenn "Henry Ford" plötzlich, wie in einer Explorer Zeichnung in Einzelteile zerstückelt, ausgebreitet auf dem Boden verteilt umherliegt. Was das sonst kompakte Teil plötzlich für Platz beansprucht! Doch nun sind die heimtückischen Schäden sichtbar. Der BefundNachdem die Maschine entnommen und bei Fink & Bliese in der Werkstatt zerlegt wurde zeigte sich die wahre Ursache: Ein gebrochener Ventilsitz ! Der Laie sagt sich. Prima, nur einer ! Der Fachmann erklärte jedoch, dass man in einem solchen fall nicht umhin kommt alle 6 Kolben auszuwechseln. Einem Schwaben fällt das schwer. Sind die anderen 5 doch noch fast wie neu Nu denn ... Zum weiteren Vorgehen findest Du weiter unten in diesem Beitrag nioch mehr |
||
Eine Frage des Standpunktes ...um die Maschine zu entnehmen muss dieser durch die seitliche Schiebetür. Dies erfolgt per Stapler. Da am aktuellen Stanndplatz der untergrund zu uneben war, hat die Yachtwerft unsere BELUGA kurzerhand quer vor der Halle geparkt. Dort findet sich ein topfebener Untergrund. Perfekt für das Vorhaben ! So haben wir die Yachtwerft in Glückstadt auch bislang erlebt: Mit dem nötigen Pragmatismus zu effizienten, zielführenden Lösungen. Natürlich haben wir von den Zuschauern Kommentare wie " ... mit stehemdem Mast passt die aber da nicht rein ..." oder "... habt ihr da nicht was vergessen ? " bekommen. Alle mit einem breiten Schmunzeln im Gesicht. Wie man sieht, in ganz entspannter Atmosphäre.
|
||
Kommst Du da sofort raus !Kaum am Platz gings auch schon los ! Die Kabel, Schläuche und andere Verbdindungen zwischen Maschine und Schiff hatte Timo, von Fink&Bliese bereits abgeklemmt. Daher konnten wir beide uns auf die Kettenkräne, die Maschine und deren "Bergung" konzentrieren. In kleinen Schritten hoben wir den 600 Kg Koloss langsam aus seinem Arbeitsplatz. Zentimeter für Zentimeter. Die Maschine muss hierbei mit dem Getriebe zuerst angehoben werden. Auf Höhe des Pilothouses wird diese dann um 90° in Richtung Ausgang gedreht. In diesem Zustand können dann die Bodenbretter des Pilothouses wieder eingesetzt werden. Die Maschine wird darauf abgesetzt und für das "Ausfädeln" umgespannt. Das Ganze mit der nötigen Vorsicht. Denn 600 Kg auf einem Zeh machen ordentlich Aua und beenden den Tag mit Krankenhaus. Das darf auf keinen Fall passieren. Deshalb haben Ralph und Timo in kleinen und kontrollierbaren Schritten die Maschine von Ihrem Arbeitsplatz im Bauch der BELUGA zunächst in Pilothouse menövriert. |
||
Kaum im Pilothouse angekommen, aufgepallt und gesichert, wurde die Maschine am Stapler befestigt. In sehr langsamer und umsichtiger fahrt fädelt Man sollte es nicht glauben, aber das "Kamel passt durch dieses Nadelöhr". So wird auch der Titel des Videos lauten, welches die ganze Aktion in bildern festhält und auf unserer Mediathek zu finden sein wird. Alles in allem sprechen wir hier von einer Aktion bei der 600 Kg mit sehr vielen abstehenden Teilen nur um weniger Zentimeter genau durch den Ausgang passen. Eine Aktion, welche wir in Frankreich bereits hinter uns gebracht hatten. Dort dauerte die ganze Aktion ca. 3 Tage ! |
||
Kaum raus aus der Tür hatte der Stapler der Yachtwerft die ganze Last. Dank der professionellen Fähigkeiten an den Hebeln des Staplers konnte auch dieser Teil ohne Zwischenfälle zu Ende gebracht werden. Wie oben erwähnt, dauerte diese Aktion in Marseile ca 3 Tage. Die gemachten Erfahrungen, der profesionelle und lösungsorienterite Einsatz aller Beteiligten ermöglichte es uns, das Ganze in ca. 5 Stunden druchzuführen. |
||
Vielen Dank nochmals an dieser Stelle für den professionellen Einsatz aller Beteilgten. Allen voran die Yachtwerft in Glückstadt und die Firma Fink&Bliese, die es sich nicht hat nehmen lassen, diese Aktion zur Chefsache zu machen ! |
||
Quo Vadis Machina ?Nach langen Diskussionen über die weitere Vorgehensweise habe wir uns entschlossen das gute Stück zu reparieren. Eine neue Maschine würde das doppelte bis dreifache an Kosten bedeutet. Hätte den Vorteil einer besseren Ersatzteilsituation, aber mögliche Probleme im Drehmomentverlauf. Die Reparatur bedeutet, dass wir die Teilinstandsetzung aus 2015 nun zur Grundinstandsetzung erweitern ... hätten wir das mal gleich gemacht ?!? Hätte, Hätte Fahrradkette ... Was zwischenzeitlich sichtbar wird – diese Entscheidung war absolut die Richtige! Nun wird alles komplett überholt und wenn wir dann zu unserer großen Segeltour aufbrechen, werden wir bis auf das nie planbare Restrisiko von spontanen Schäden, zumindest unseren Motor betreffend, mit gutem Gewissen starten. Nachdem die Maschine dann auch den letzten Teil erneuert bekommt, sollte nun hoffentlich nichts mehr passieren ... ist ja dann alles einmal erneuert. Die Maschine wurde auf ca. 2500 Betriebstunden (fast neu ) geschätzt und sollte daher auch noch viele Jahre durchhalten können. Einziges Manko an dieser Lösung: FORD Industriemotoren stellt keine Ersatzteile mehr her. Ersatzteile zu finden ist daher nicht ganz einfach. Solltest Du interesse habe unsere Ersatzteilsuche zu unterstützen, so würde uns das sehr freuen. Hilfreiche Links, Kontakte oder Adressen jedereit gerne an Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein! ... vielen Dank im Voraus ! Der PlanGrundsaniert und frisch überlackiert muss er im Februar 2021 zurück an seinen vorgesehenen Arbeitsplatz. Das „Einpflanzen des generalüberholten Organs und verschließen der Wunde“ übernehmen dann wieder die Schiffbauprofis der Yachtwerft gemeinsam mit den Motrorendoktoren von Fink&Bliese. Via Gabelstapler ect. dieselbe Aktion in umgekehrter Richtung, zurück in den Bauch unseres Schiffes. Bis letztlich alle lebenswichtigen „Arterien und Leitungen“ wieder angeschlossen sind und das letzte Bodenbrett und alles was sonst noch im Vorfeld der „OP“ aus dem Weg geräumt werden musste wieder an seinem Platz ist, liegen noch ein paar arbeitsreiche Stunden vor uns, aber der Weg ist das Ziel!
|
Fortsetzung folgt ...
weitere "Impressionen" unseres Patienten