Der Herbst scheint Europa fest im Griff zu haben. Ein Sturmtief jagt das nächste. Anscheinend haben die Tiefs sehr viel Spaß (oder warme Luft als Nahrung) dabei. Kaum wirds über der Landmasse ein wenig kühler werden die Tiefs ein wenig inkontinent und können ihr Wasser nicht mehr halten.
Unsere monatelange Begleitung, die VOYAGE liegt derzeit an der portugiesischen Küste und kommt wegen Wellenhöhen von 5mtr und weit mehr nicht weg. Zutreffenderweise liegt die VOYAGE in Nazare, einem Ort, der unter Surfern für seine meterhohen Wellen bekannt ist. Wir hatten im Oktober 2022 hierüber berichtet. Nun geht das Sturmgebrus aber zwischenzeitlich seit ca. 3 Wochen. Ein Auslaufen in Richtung Madeira ist der VOYAGE daher nicht möglich. Skipper Jochem berichtete von Wellenbergen mit über 7mtr vor der Marina. Da möchte man nicht „mitspielen“ …
Eine uns häufig gestellte Frage ist „Wie schlimm sind denn die Stürme bei Euch auf den Kanaren ?“ Wir lassen die Bilder sprechen. Nur soviel: Als die Minitransat am 8ten Oktober hier ankam, musste die zweite Hälfte der Racer bei unter einem Knoten Geschwindigkeit stundenlang vor dem Ziel dümpeln. No Winds !
Bis kurz vor den Kanaren war das Feld noch halbwegs kompakt. Die 6,5mtr langen Racer rechnen mit 10kn Durchschnittsgeschwindigkeit bei normalen Winden. Machen also ca. 240NM pro Tag. Das Feld war bis kurz vor der Ankunft der ersten Boote über max. 70NM gestreckt. Die letzten Boote kamen dennoch erst 2 Tage, statt weniger Stunden später an.
Grandioser Abschluss: Das Ziel sichtbar vor Augen, die Geschwindigkeit lässt Dich aber kaum näher kommen, da alle 6 Stunden (bei ablaufendem Wasser) dein Boot wieder ein wenig im Rückwärtsgang unterwegs ist. Daher gilt den Racern meine volle Hochachtung für diese Nervenleistung. Ich hätte wahrscheinlich ein Paddel raus geholt :-) oder wäre Baden gegangen um mein Boot zu schieben :-))
Heute, am 28.10.2023 - ca. 20 Tage später – ist der Start zur 2ten Etappe. Ihr könnt die Mädels und Jungs auf dem folgenden Link verfolgen. Es herrscht die letzten Tage grosse Hektik im Hafen. Letzte Checks, die Officals prüfen die Ausrüstung, der Zoll klariert die Matadoren aus und zu guter Letzt schleppen einige noch Trinkwasser an Bord.
Die 2te und letzte Etappe bedeutet ca. 2500NM mit einer 6,5mtr langen „High Performance Renn-Semmel“ von La Palma nach Guadeloupe in der Karibik zu segeln. In einigen Gesprächen mit den Mädels und Jungs erfuhr ich, dass hierfür etwas mehr als 20 Tage geplant sind. Dafür bunkern die Herrschaften 40-60ltr Trinkwasser und ein wenig "leichte" Nahrung. Wobei „leicht“ nicht im ernährungstechnischen Sinn verstanden wird, sondern in Gewicht gemessen wird. Die Boote wiegen zwischen 700-900kg und werden Einhand (1 Person) gesegelt. Die Skipper müssen mindesten 90kg und max. 250kg mitnehmen. Und das incl. Wasser, Kleidung, Essen, Segel, und Ausrüstung. Da gewinnt „leichte“ Nahrung eine etwas andere Bedeutung.
Wie eben erwähnt ist seit Tagen geschäftige Hektik. Die Skipper trainieren ihren Schlafrythmus (max. 30 Minuten am Stück). Daher herrscht die gesamte Nacht Leben auf dem Steg.
Wir trinken ein oder zwei Viertel Wein mehr, dann klappt das auch mit unserem Schlaf. Bei uns bedeutet das max. 10 Stunden am Stück :-)) und wenns mal mehr wird, ist's auch nicht schlimm.
Heute morgen gegen 10:00 werden die Boote aus dem Hafen geschleppt (sie haben keinen Motor) damit sie sich ab der Hafeneinfahrt mit Segeln zum Start bewegen können. Dieser ist um 14:00. Leider sehr weit draußen vor Santa Cruz. So sind die Bilder eher mit kleinen Seglern zu sehen, den Teide von Teneriffa im Hintergrund. Wind ? Fehlanzeige ! Die insgesamt 90 Boote bewegen sich mit knapp über einem Knoten Geschwindigkeit in Richtung Süden.
Wir wünschen den Mädels und Jungs auf jeden Fall eine gute Überfahrt und „Fair Winds“. Bei diesen Verhältnissen zeigt sich, wer Wetterkenntnisse mit seglerischen Fähigkeiten und guter Taktik kombinieren kann. Jede Art der Kommunikation mit der Außenwelt, z.B. Wetterberatung, ist bei der Minitransat verboten.
Ich hoffe ihr könnt die Bilder geniessen und bekommt in Eurem stürmisch-kalten Deutschland ein wenig Fernweh.
Bleibt uns gewogen ...
Sabine & Ralph